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Das gewollte Verhängnis


Das gewollte Verhängnis


Der Tod des Segelfliegers Christian Kampfberger war kein Unfall - jemand hatte sein Flugzeug manipuliert. Der Techniker des Segelflugsportvereins wird unter Mordverdacht festgenommen, doch Kampfbergers Tochter Nicole hat einen ganz anderen Verdacht. Sie beauftragt den Detektiv Bernie Hofrege, nachzuforschen. Sie sieht einen erfolgreichen Bauunternehmer als Auftraggeber der Tat an. Dessen Familie war über viele Jahre mit der von Nicole privat und beruflich eng verbunden, bis die Harmonie durch Neid und Missgunst zerbrach. Zwar versucht Nicole, den Detektiv bei seinen Recherchen vor einem allzu intensiven Blick in ihre Familienangelegenheiten abzuhalten, doch Bernies Spur führt genau in diese Richtung. Er entdeckt brisante Wahrheiten, die Nicoles Erinnerungen an eine unbeschwerte Kindheit komplett ins Wanken bringen …

„Hochspannende Story um die schicksalhafte Verstrickung zweier Familien! Es wird alles geboten, was man als Krimileser "liebt": Mord, Drogen, Bösewichter, zwielichtige Figuren und ein cooler Ermittler. Auch Münchner Lokalkolorit fehlt nicht. Also rundherum ein uneingeschränktes Lesevergnügen!”

Doris



Leseprobe

Das gewollte Verhängnis
„Angeklagter, mäβigen Sie sich in Ihrer Ausdrucksweise! Sie sind hier nicht...“ „Ich lasse mich von diesem Herrn Staatsanwalt nicht wie ein Verbrecher behandeln. Wie oft soll ich noch wiederholen, dass das ganze eine schäbige Verleumdung ist und der da...“, Florian Kross schrie die Worte in den Gerichtssaal hinein und deutete dabei in Richtung des Staatsanwalts, dessen Gesicht rot gefleckt war. „Zum letzten Mal, Schluss mit Ihren Anfeindungen! Sollten Sie noch ein Mal in dieser Form ausfallend werden, werde ich gegen Sie wegen Ungebühr vor Gericht ein Ordnungsgeld verhängen, das sich gewaschen hat.“ Auch Richter Ferdinand Trimbach wirkte jetzt selbst so ungehalten wie der Angeklagte, was begreiflich war. Kross hatte schon beim Nachsprechen der Eidesformel unwirsch und undeutlich gesprochen, so dass er sie mehrfach wiederholen musste. Genauso stockend hatte er sich bei der Befragung zu seiner Person verhalten. „Es muss doch hier im Gericht möglich sein,“ fuhr Kross mit gedämpfterer Stimme fort, „zu sagen, dass man unschuldig ist und dass diese...“ „Dass Sie selbst ausführlich befragt werden, versteht sich ja wohl von selbst. Aber den Ablauf bestimme immer noch ich.“ Der Richter blieb bei seinem schneidenden Tonfall, hatte sich aber wieder ganz im Griff. „Herr Staatsanwalt fahren Sie bitte mit dem Verlesen der Anklagepunkte fort. Die Besucher dieser Strafgerichtsverhandlung bitte ich, sich ruhig zu verhalten und das Reden einzustellen.“ Staatsanwalt Doktor Detlef Stebeck war ein Hüne, zu dem ein groβer Kopf mit Stirnglatze gehörte. Die Flecken waren zwar wieder verblasst, doch er wirkte noch echauffiert, als er fortfuhr: „In der Zwischenverhandlung, in der nur der Vorwurf der Fahrlässigen Tötung behandelt wurde, ist es dann zu dieser – ich wiederhole es nochmals – entscheidenden Wendung gekommen, da der Sachverständige durch weitere Nachforschungen der Polizei einen Metallring, der nicht weit von der Absturzstelle des Segelflugzeugs gefunden wurde, als ursächlich für den Senkrecht-Absturz aus 38 Metern erkannt hat. Dieser Ring, der wie ein offener Armreif geformt ist, hat das Ausklinken des extrem gestrafften Windenseils an seinem äuβersten Ende, durch Verklemmen verhindert. Dadurch hat das Flugzeug in keinem Moment die Gleitphase erreicht, sondern ist ruckartig nach links abgeschmiert und dann senkrecht zu Boden gestürzt. Herr Doktor Christian Kampfberger war sofort tot. Da Herr Florian Kross derjenige Mechaniker war, der das Windenseil...“ „Ja, ja, so passt das Euch...“, gellte Kross erneut los, doch Richter Trimbach konterte mit einem energischen „Ruhe!“, sodass der Angeklagte augenblicklich verstummte. „...der das Windenseil eingeklinkt hatte“, fuhr Staatsanwalt Stebeck fort, „ist ein Mordversuch mit Todesfolge oder Anstiftung zum Mord nicht auszuschlieβen. Eine entsprechende Klageschrift wurde vom Anwalt der Familie beim hiesigen Gericht eingereicht. Es ist also zu klären – nachdem der Sachverständige in der Vorverhandlung ausführlich die technischen Details erklärt hat – ob der hier anwesende Angeklagte wegen Fahrlässiger Tötung oder wegen eines Kapitalverbrechens zu verurteilen ist. Für letzteren Fall schlage ich vor, das Verfahren an die groβe Strafkammer des Oberlandesgerichts München abzugeben. Ich darf noch betonen, dass sich die Klageschrift hinsichtlich des Vorwurfs der Fahrlässigen Tötung ausschlieβlich auf den hier anwesenden Angeklagten bezieht nicht jedoch das Kapitalverbrechen, für das auch gegen Unbekannt geklagt wird.“ Staatsanwalt Stebeck setzte sich leicht ermattet auf den Stuhl hinter seinem Pult rechts von der freien Fläche vor den Zuhörern. Diese begannen wegen der Härte der Anklage wieder zu murmeln, was der Richter sofort unterband. Entsprechend fassungslos starrte Florian Kross den Staatsanwalt an. Sein Gesicht wirkte verzerrt, da ein Sonnenstrahl aus einem der Fenster aus Butzenglas auf die rechte Gesichtshälfte und ein ziemlich groβes Muttermal auf der Wange fiel. Für einige Momente schien er die Fassung verloren zu haben. Er stand völlig steif inmitten des Saals. Die dichten dunklen und etwas öligen Haare hingen wie Schnittlauch über beide Ohren, was seinem Äuβeren abträglich war. Er war in einer Art Protest ohne Krawatte und Jacke in einem weiß-rot karierten Hemd und einer bayrischen ärmellosen grauen Weste erschienen. Auch die beige Hose machte einen zerbeulten Eindruck. Richter Trimbach, dem ein stoischer Gesichtsausdruck zu eigen war, verfügte nur noch über einen schmalen Haarkranz, aber auffällig buschige dunkle Augenbrauen. Mit seiner schwarzen Robe strahlte er die Würde aus, die man von einem Richter erwartete. Seine Stimme lag in mittlerer Tonlage. Sie war deutlich und zeitweise scharf. „Angeklagter, wir wollen nicht alle Details nochmals aufrollen, die den Vorwurf der Fahrlässigen Tötung erhärten oder entkräften können. Geben Sie uns nur Aufschluss darüber, warum Sie bei der Vorflugkontrolle keine genaue Überprüfung der Bugkupplung vorgenommen haben. Sie haben doch angeblich sonst alles überprüft.“ Florian Kross hatte anscheinend einen völlig ausgetrockneten Mund; denn er musste dreimal ansetzen, bevor er die ersten Worte mehr stammelte als sprach: „Beim Windenstart… ist das gar... gar nicht üblich. Man kniet sich neben das...Flugzeug, tastet nach der Kupplungsöffnung und klinkt das Windenseil ein.“ „Aber wenn Sie genauer nachgeschaut und den offenen Metallring entdeckt hätten, der die Kupplungsöffnung beim Ausklinken verschlossen hatte, könnte Herr Doktor Kampfberger noch leben.“ Da der Richter auf die Segelflugzeug-Technik einging, fühlte sich Florian Kross plötzlich wieder sicherer. „Das ist wirklich nicht üblich. Das hat doch auch der Sachverständige gesagt und im Übrigen hätte der Pilot gemäβ Segelflugbibel den Check-up vor dem Flug selbst durchführen müssen.“ „Und er hat es nicht getan, weil er sich auf Sie verlassen hat oder nicht?“, hakte Trimbach nach. „Eben nicht! Er hat mit Sicherheit die Feder am grünen Hebel im Cockpit gezogen, um zu prüfen, ob die Kupplung frei ist.“ „Dann hätte er merken müssen, dass die Kupplungsöffnung verklemmt ist, meinen Sie?“ „Genau! Aber zu diesem Zeitpunkt war sie ja noch frei und so war das für Doktor Kampfberger in Ordnung. Für mich ist dieser Ring erst durch die Bewegung des Flugzeugs und des Windenseils nach unten gerutscht.“ „Sie meinen, dieser Ring ist schon vorher angebracht worden? Wer immer das getan hat, muss Ihrer Meinung nach, darauf spekuliert haben, dass der Ring erst dann über die Kupplung fiel, nachdem Sie das Seil eingeklinkt haben.“ „Ehrlich gesagt,“ Kross hatte sich jetzt wieder voll im Griff, „ist es mir ein Rätsel, wie man an dem Gestänge, das die Kupplungsöffnung umfasst, einen Ring anbringen kann, der nach einigen Bewegungen des Flugzeugs vor die Öffnung fällt.“ „Aber wie festgestellt wurde, ging es doch!“, sagte der Richter. „Mag sein, wenn einer wirklich eine Lösung gesucht hat. Vielleicht mit einer ganz bestimmten flexiblen Metallart. Aber trotzdem: Das Anbringen hätte bestimmt einige Zeit gebraucht.“ „Wie lange sind Sie neben dem Flugzeug gekniet, als Sie das Windenseil eingeklinkt haben?“ „Alles schon mehrmals gesagt: Zehn Sekunden!“ Der Richter schwieg eine Weile und sprach leise mit seinem Kollegen neben ihm, der etwas im Flüsterton erwiderte. „Sie kannten das Fluggerät von Doktor Kampfberger gut?“ „Wie meine Westentasche!“ „Also hätten Sie die Kupplungsöffnung auch im Hangar manipulieren können?“ Kross blies angewidert Luft aus seinen Lungen. „Ich wiederhole nochmals: Ich wüsste nicht wie und wo ich diesen Ring hätte anbringen können.“ „Wie lange stand das Flugzeug auf der Startbahn?“ „Schon einige Zeit! Eben wegen der notwendigen Vorflugkontrollen.“ „Und vor diesen Kontrollen?“ „Vielleicht eine Viertelstunde:“ „Waren Sie da immer am Flugzeug?“ „Nein, ich habe mich um das Windengerät, also um den Rückholwagen gekümmert.“ Wieder flüsterte der Richter mit dem Kollegen zu seiner Linken. „Gut, wir werden hier im Anschluss einige Zeugen befragen. Sie können sich zunächst einmal setzen.“